Von Siegen bis Minden, von Borken bis Paderborn Die Reformation in Westfalen
Im Jahr 1517 veröffentlichte der Mönch und Theologieprofessor Martin Luther 95 Thesen zum Ablasswesen der katholischen Kirche.
Sie verändern die Kirche und damit auch die Politik. In vielen Städten sind die Bürger Feuer und Flamme. Woanders sträuben sich mächtige geistliche Herren gegen die rebellischen Gedanken. Manche Landesherren wollen evangelische Untertanen, andere nicht. Und so verläuft denn auch die Reformation in Westfalen: kleinteilig, bunt und unübersichtlich.
Ein Flickenteppich Die historische Reformationslandschaft Westfalen
Ein Flickenteppich Die historische Reformationslandschaft Westfalen
Ein Flickenteppich
Auf der Landkarte betrachtet gleicht das Westfalen des 16.
Jahrhunderts einem aus Flicken unterschiedlichster Größe bestehenden Teppich:
Große Fürstbistümer, kleine Grafschaften und einige große sowie viele kleine
Städte fügen sich zu einem sehr unsymmetrisch wirkenden Bild. Vor diesem
Hintergrund grundverschieden geprägter Gebiete verwundert es kaum, dass in
Westfalen nicht von „der einen“ Reformation gesprochen werden kann. Denn je
nach regionaler Prägung nahm das Reformationsgeschehen eine ganz
unterschiedliche Gestalt an. Nachdem sie sich zunächst vornehmlich in den
Städten als bürgerliche Bewegung verbreitet hatte, war für den weiteren Verlauf
der Reformation und ihren Erfolg oder Misserfolg das Verhalten der jeweiligen
Landesherren ausschlaggebend. Wo diese sich wie Lehren Luthers anschlossen,
wurde mit dem Aufbau lutherischer bzw. reformierter Landeskirchen begonnen. In
den Fürstbistümern setzten sich mit Ausnahme von Minden hingegen langfristig
die von Bischöfen und Klerus getragenen katholischen Reformen durch. Die
Reformation in Westfalen kennzeichnet sich dementsprechend durch ganz
unterschiedliche und teils gegenläufige Prozesse, die mit der konfessionellen Spaltung
einhergingen.
Der Einfluss der großen Reformatoren auf Westfalen Luther, Melanchton und Bugenhagen
Der Einfluss der großen Reformatoren auf Westfalen Luther, Melanchton und Bugenhagen
Reformatoren
Auch wenn Martin Luther nie in Westfalen war, hatte er
großen Einfluss auf diese Region. Die Augustinerkonvente in Herford, Lippstadt
und Osnabrück pflegten gute Kontakte nach Wittenberg. Sie entsandten Studenten dorthin
und predigten frühzeitig die neuen Lehren. Damit schufen sie die Grundlage für
die reformatorischen Bestrebungen in den Städten. Auch das Fraterhaus in
Herford nahm über Melanchton direkten Kontakt mit Luther auf, es entstand ein
umfangreicher Briefwechsel zwischen diesen beiden Reformatoren und dem
Fraterhaus.
Richtig zum Tragen kam Luthers Einfluss erst nach 1530, als
in den Hansestädten Bürgerausschüsse gebildet wurden, die die Einführung der
Reformation organisieren sollten (Vgl. auch Münster - Täuferbewegung). Aber
auch die Stellenbesetzungen der kirchlichen Ämter wurde von den Reformatoren
mit begleitet. So wurde Jan de Brune auf Vorschlag von Martin Luther
Superintendent der Stadt Soest, während Philipp Melanchton geistiger Vater der
christlichen Lateinschule in Soest wurde.
Was wollte die Reformation? Abendmahl, Ehe, Predigt
Was wollte die Reformation? Abendmahl, Ehe, Predigt
Kernpunkt der Reformation war eine Rückbesinnung auf die
Bibel und damit auf die ursprünglichen Kernaussagen des christlichen Glaubens.
Gerade im Bereich des Gottesdienstes hatte eine Entfremdung eingesetzt.
Deswegen ist ein wesentliches Merkmal reformatorischen Handelns der deutsche
Gottesdienst und das Abendmahl für alle Gemeindeglieder in beiderlei Gestalt.
Die üblich gewordene Teilung des Abendmahls in der katholischen Kirche (Oblate
für alle, Wein nur für den Priester) hatte zu einer Zwei-Klassenbildung
geführt. Aber auch die Entwicklung des Amtsverständnisses z.B. mit der
Forderung nach dem Zölibat für Priester (= Eheverbot) war für die Reformatoren
eine Fehlentwicklung. Die wichtigste Frage aber blieb für Luther die Frage nach
der Gnade Gottes. Nicht durch Werke oder durch den Kauf von Ablassen, sondern
allein durch die Gnade kann der Mensch befreit werden. Ein weiteres Ergebnis
der Reformation war die Entstehung einer neuen Kirchenorganisation, an deren
Spitze nicht der Papst, sondern der jeweilige Landesherr oder Stadtrat stand.
Bild oben:
Altaraufsatz Gelsenkirchen
Durch dieses Gestaltungsmerkmal weist sich der Altar als ausgesprochen protestantisch aus. Seine Basis und Grundlage ziert nicht wie oft üblich eine bildliche Szene sondern das biblische Wort. Damit trägt der Altar dem bis heute gültigen Bekenntnis der Reformation Rechnung, dass "allein die Heilige Schrift" (lat: sola scriptura) die Basis und Grundlage für den Glauben und das Wesen der Kirche ist.
Stadtreformation
Die frühesten reformatorischen Aktivitäten in Westfalen sind
in den Städten festzustellen. Dort gab es auch zahlreiche Orden und andere
geistliche Einrichtungen, die schon frühzeitig
Verbindung zu Luther und den anderen Reformatoren in Wittenberg hatten.
Zum Teil gab es während des Studiums von Mönchen aus diesen Städten dort
direkte Kontakte, zum andern gab es auch Briefkontakte. Wie 1517 in Wittenberg
wurden auch hier reformatorische Thesen als Aufforderung zur Auseinandersetzung
mit den neuen Lehren an die Kirchentüren geschlagen. Dieses geschah zwischen
1530 und 1532 in Minden, Lippstadt, Soest und Osnabrück. Zudem entstanden dort,
wie zudem in den Städten Herford und Lemgo Kirchenordnungen, die auch die
Einführung einer neuen Kirchenorganisation regeln sollten. In diesen relativ
autonomen Städten hatten die bürgerlichen Kräfte und die Stadtherren ein hohes
Interesse, den Einfluss auf die Kirchen zu gewinnen und zu erhalten. Dieses
gelang aber nicht in allen Städten. So konnte sich in den Bischofstädten
Münster und Osnabrück während der Gegenreformation wieder der Katholizismus
durchsetzen, während Minden protestantisch blieb.
Reformation von unten
Reformation von unten
Die Grafschaft Mark
In der
Grafschaft Mark setzte sich die Reformation von unten, durch die Initiative der
Gemeinden, durch. Iserlohn war die erste märkische Stadt, in der das neue
Evangelium verkündet wurde. Der junge Vizekurat Johannes Varnhagen bekannte
sich um 1525 zu Luther, scheiterte aber bei dem Versuch, die Reformation
einzuführen.
Die
Kirchengemeinde Wengern war unter den Kirchengemeinden der Grafschaft Mark eine
der ersten, wenn nicht die erste, welche zur lutherischen Reformation übertrat. Gemeindliche
Überlieferung legt den Reformationsbeginn auf Sonntag Rogate, den 29. April
1543. An diesem Tag, vormittags 11. Uhr, feierte die ganze Gemeinde zum ersten
Mal das heilige Abendmahl unter beiderlei Gestalt. In Erinnerung daran läutet
noch heute die Betglocke täglich statt um 12. um 11. Uhr; das Kirchensiegel trägt die Jahreszahl 1543.
Das neue Kirchwesen Frühe synodale Arbeit
Mit der Festigung der Reformation begann die Organisation des neuen Kirchenwesens. Sie verlief getrennt für die lutherische und reformierte Kirche, hat sich aber nach dem gleichen Prinzip der presbyterial-synodalen Ordnung, die bis heute gültig ist, entwickelt. Ihr Ursprung ist im Einfluss der reformierten Flüchtlinge aus den Niederlanden zu finden. Die presbyterial-synodale Ordnung besagt, dass die Leitung auf der Gemeinde-Ebene bei den gewählten Presbyterien und auf der kreis- und landeskirchlichen Ebene bei den Synoden liegt. In allen Leitungsorganen wirken Pfarrer und Presbyter gleichberechtigt zusammen. 1610 hat die erste reformierte Generalsynode für Jülich, Cleve und Berg in Duisburg stattgefunden. 1612 wurden ersten lutherischen Synoden abgehalten: für die Grafschaft Ravensberg in Bielefeld und für die Mark in Unna. Als Beschluss der Synode in Unna ist die „Instruktio quotannis“ anzusehen: alle Synodalen werden einzeln nach ihrer Haltung zu Bibel und Bekenntnis gefragt und bestätigen dies durch ihre Unterschrift. Aus der Instruktion ergibt sich, dass die Verfassung der Kirche presbyterial und synodal sein soll. Somit hat die Synode der lutherischen Kirche in der Mark die Grundlage gegeben, die langfristig von allen deutschen Landeskirchen im 19. Jahrhundert übernommen wurde.
Radikalisierung der Reformation Das Täuferreich von Münster
Radikalisierung der Reformation Das Täuferreich von Münster
Im Gefolge der radikalreformatorischen Täufer-Bewegung, die sich in erster Linie durch ihre Ablehnung der als unbiblisch angesehenen Kindertaufe und die Forderung nach der Gläubigentaufe im Erwachsenenalter kennzeichnete, erlangten der Prediger Bernd Rothmann und seine Anhänger im Münster der 1530er Jahre großen Einfluss auf weite Teile der Stadtbevölkerung. Als die Täufer infolge der Ratswahl von 1534 die Macht im Stadtrat übernahmen und mit den Massentaufen bei Erwachsenen begannen, kam es zum offenen Konflikt mit dem bischöflichen Landesherrn, der das abtrünnige Münster daraufhin zu belagern begann. Unter dem Eindruck der äußeren Bedrohungslage und der postulierten Endzeiterwartungen griffen die Täufer unter den militanten Anführern Jan Mathys und Jan van Leiden zu offener Gewalt und Terror, um ihr selbst ausgerufenes Königreich auch gegen die zusehends aufbegehrende Stadtbevölkerung zu verteidigen. Nach eineinhalbjähriger Belagerung gelang den Landsknechten des Bischofs am 24. Juni 1535 schließlich unter Begleitung von Gewaltexzessen die Rückeroberung Münsters, infolge derer die verbleibenden Anführer der Täufer festgesetzt werden konnten. Nach ihrer öffentlichen Hinrichtung wurden die Leichname zur Abschreckung in schmiedeeisernen Körben am Turm der Lambertikirche zur Schau gestellt. Die mit der Vertreibung der Täufer einhergehende Rekatholisierung Münsters stellte die erste erfolgreiche Gegenreformation in Westfalen dar.
Reformation von oben Grafschaften Tecklenburg, Nassau-Siegen und Wittgenstein
In einigen Grafschaften in Westfalen kam der Impuls zur Reformation von oben: Als erster Landesherr wurde Graf Konrad von Tecklenburg 1527 evangelisch und begann, das lutherische Bekenntnis einzuführen. Er war mit einer Cousine des Landgrafen Philipp von Hessen verheiratet, einem Verfechter der neuen Lehre. Bis Mitte des 16. Jahrhunderts öffneten auch die Grafen von Nassau-Siegen und von Wittgenstein ihre Herrschaftsgebiete den Glaubensinhalten Luthers. Hier, im südlichen Westfalen, hielt jedoch bald darauf das reformierte Bekenntnis Einzug, seit 1588 auch in der Grafschaft Tecklenburg-Bentheim-Steinfurt. Angeregt durch persönliche und familiäre Verbindungen erließen die Landesherren reformierte Kirchenordnungen auf Grundlage des Heidelberger Katechismus. In der neuen Theologie ist die Bibel zentrale Quelle des Glaubens, ihre Auslegung in der Predigt steht in der reformierten Kirche im Mittelpunkt des Gottesdienstes. Dies zeigt sich in der Schlichtheit der Kirchenräume, in denen es keine Abbildungen zur Heiligenverehrung gibt. Vom lutherischen Abendmahlsverständnis, dass Leib und Blut Christi im Brot und Wein gegenwärtig sind, weicht die reformierte Auffassung ab. Das Abendmahl wird als reines Erinnerungsmahl am Abendmahlstisch gefeiert.
Beispiel einer indifferenten Reformation Reformation in Ravensberg
Beispiel einer indifferenten Reformation Reformation in Ravensberg
Anders als in den Städten, die mit dem Erlass von Kirchenordnungen sich frühzeitig der Reformation anschlossen, zeigt sich für die Landgemeinden ein eigenes Bild, dass es unmöglich macht, die Einführung der Reformation auf ein bestimmtes Datum festzulegen. Der Landesherr, der Herzog von Jülich, Kleve Berg und Mark versuchte mit einer humanistisch geprägten Reformation im Rahmen der bestehenden katholischen Ordnung die Kirche zu erneuern. Damit ermunterte er auf der einen Seite die Einführung neuer reformatorischer Vorstellungen, verhinderte aber deren Etablierung. Da die Pfarrstellenbesetzung in Ravensberg weitestgehend von Patronatsverhältnissen bestimmt war, hatten es daher die Patronatsherren (dazu zählten auch die Reichabtei oder andere Stifte) in der Hand, welche Prägung der Pfarrer haben sollte. Dieses führte dazu, dass schon bald die meisten Kirchengemeinden eine lutherische Prägung hatten Die meisten Pfarrer waren verheiratet oder lebten in eheähnlichen Beziehungen. Zwischenzeitlich hatte sich der Landesherr 1543 verpflichtet, die Reformation in seinem Land nicht einzuführen. Erst im Rahmen der nach seinem Tod einsetzenden Erbfolgekriege, in denen Ravensberg wie auch das Fürstentum Minden und die Grafschaft Mark an Brandenburg fielen, fand 1612 eine Synode in Bielefeld statt. Diese war aber auch für lange Zeit die letzte, denn anders als in der Grafschaft Mark gelang es dem Kurfürsten, in Ravensberg und Minden eine konsistoriale Kirchenverfassung einzuführen. Damit beendete er auch die formal immer noch bestehende katholische Kirchenorganisation. Dass in den Gemeinden noch Jahrzehnte teilweise weiterhin katholische Bräuche gepflegt wurden, zeigen obrigkeitliche Verfügungen, die selbst im 18. Jahrhundert sich gegen deren Fortführung richten.
Die Haltung der bischöflichen Landesherren Gegenreformation
Als sich in den 1530er Jahren die ersten Gemeinden und Städte der Reformation zuwandten, regierten in weiten Teilen Westfalens Geistliche Machthaber: In den katholischen Fürstbistümern Minden, Münster, Osnabrück und Paderborn, aber auch in dem zum Kölner Erzbistum zählenden Arnsberger Sauerland (Herzogtum Westfalen) und Vest Recklinghausen. Anfänglich waren die Bischofsstühle von Amtsinhabern besetzt, die der reformatorischen Bewegung mit Sympathie begegneten oder diese sogar förderten. Eine Wende zur Gegenreformation von Seiten der sich nach dem Konzil von Trient reformierenden katholischen Kirche trat durch neue Amtsinhaber um 1585 ein. Evangelisches Leben wurde durch die absolutistisch regierenden bischöflichen Landesherren in der Folgezeit unterdrückt und hielt sich nur an der niederländischen Grenze (v.a. in Gemen und Werth) und im Corveyer Stiftsgebiet (in Höxter, Amelunxen und Bruchhausen) und im Fürstbistum Minden. Bruchhausen, eine kleine Landgemeinde im Stiftsgebiet der Reichsabtei Corvey, war seit den 1540er Jahren lutherisch. Während der Rekatholisierungsbemühungen des Corveyer Abtes und des Paderborner Bischofs erließ die Patronatsherrin der Gemeinde Clara von Kanne, Besitzerin des Gutes Bruchhausen, im Jahr 1603 eine eigene Kirchenordnung. Als Grundlage für Gottesdienste und Amtshandlungen sollte sie das lutherische Bekenntnis festigen. Noch heute spricht die Gemeinde im Abendmahlsgottesdienst zum Buß- und Bettag das in der Kirchenordnung vorgesehene Beichtgebet.
Westfalen Ende des 17. Jahrhunderts: Verbreitung der Bekenntnisse
Das 16. und 17. Jahrhundert waren von konfessionellen Auseinandersetzungen geprägt. Protestantische Landesherren standen den katholischen Reichsfürsten und dem Kaiser gegenüber. Der Augsburger Religionsfriede von 1555 brachte die reichsrechtliche Anerkennung des lutherischen Bekenntnisses und sicherte den Landesherren das Recht auf Festlegung der Religionszugehörigkeit ihrer Untertanen zu. Als der Westfälische Frieden von Münster und Osnabrück 1648 den Dreißigjährigen Krieg beendete, wurden diese Bestimmungen noch einmal bestätigt und die Reformierten mit Katholiken und Lutheranern gleichgestellt. Bis zum Ende des 17. Jahrhunderts entstanden daher in Westfalen noch einige reformierte Gemeinden.
Ein Spiegel ihrer Zeit Reformationsjubiläen
Ein Spiegel ihrer Zeit Reformationsjubiläen
2017 jährte sich zum 500. Mal die Veröffentlichung von Luthers 95 Thesen am 31. Oktober 1517, die gemeinhin als Beginn der Reformation gedeutet wird – jenem historischen Ereignis, das aufgrund seiner religiösen, gesellschaftlichen, politischen und kulturellen Auswirkungen weltgeschichtliche Bedeutung erlangte. Dass es sich bei dieser durch den Augustinermönch zumindest symbolisch initiierten kirchlichen Erneuerungsbewegung um weit mehr als nur ein religiös motiviertes Ereignis handelte, zeigte sich seit jeher insbesondere in den begangenen Jubiläen, die immer auch als Projektionsfläche für zeitgenössische Deutungsangebote und Sinnstiftungen fungierten. So standen bei den frühen Jubiläen 1617 und 1717 zunächst vor allem kirchenpolitische Auseinandersetzungen im Mittelpunkt. Vor dem Hintergrund des Konfessionskonflikts im Alten Reich wurde Luther im Sinne konfessioneller Selbstvergewisserung als mutiger Begründer des Protestantismus und aufklärender Kritiker von Aberglauben und Papsttums gefeiert. Die späteren Jubiläen 1817 und 1917 waren hingegen stark durch ihre nationalistische Vereinnahmung geprägt. Luther wurde als heroischer Wegbereiter der nationalen Einigung und des Aufstiegs Deutschlands zur Großmacht sowie als Retter des Reiches in Zeiten großer Not stilisiert. Bei näherer Betrachtung zeigt sich, dass die Geschichte der Reformation durch die Jahrhunderte geprägt war von Heroisierungen, Mythenbildungen und Legenden. Gleichsam stellten auch die Reformationsjubiläen stets einen Spiegel der Gesellschaften dar, die sie feierten.
Einfach frei 2017
Martin Luthers Kritik zielte auf Predigt und Praxis des Ablasses, der mit
Buße und Geldspenden den Sünder aus dem Fegefeuer befreien sollte.
Dementgegen stellte er die Kraft des Glaubens, der allein auf die Gnade
Gottes vertraut. Luther machte die Bibel wieder neu zum geistlichen
Maßstab und Christus zur Mitte des Lebens und der Hoffnung.
An dieses Anliegen der Reformation knüpfte die Evangelische Kirche von
Westfalen im 500. Jubiläumsjahr mit der Kampagne »Einfach frei« an. Der 31. Oktober war an diesem Tag ein einmaliger, bundesweiter Feiertag.